Die nicht perfekte Kindheit – Wie du inneren Frieden mit deinem Elternthema findest

Du leidest noch heute an deiner Vergangenheit? Du bist wütend auf deine Eltern oder nach Jahren noch verletzt oder enttäuscht von deinen Eltern oder einem Elternteil? Erinnerungen an deine familiäre Vergangenheit machen dir das Leben schwer und hindern dich daran richtig glücklich und zufrieden zu sein?

Egal ob du ein Scheidungskind bist, du aus einem unharmonischen Elternhaus stammst oder dich ein anderes Schicksal in deiner Kindheit ereilt hat, sei dir bewusst, dass du – auch trotz einer nicht perfekten Kindheit – vergangenen emotionalen Verletzungen entgegenwirken kannst. Es gibt Wege, um mit negativen Emotionen aus der familiären Vergangenheit ins Reine zu kommen.

In diesem Blogbeitrag möchte ich speziell auf die Probleme und Konflikte mit Eltern näher eingehen. Ich möchte dir eine Möglichkeit aufzeigen, wie du einen inneren Frieden finden kannst, wenn dich Emotionen wie Wut, Frust, Traurigkeit und Enttäuschung in Bezug auf deine Eltern nach Jahren noch begleiten.

Probleme und Konflikte mit den Eltern

Es gibt viele unterschiedliche Familienthemen, die dazu führen, dass Eltern-Kind-Konflikte entstehen und über Jahre aufrechterhalten werden. Eine unglückliche Ehe der Eltern, ständige Streitereien und Überforderungen, traumatische Erlebnisse oder auch körperliche und seelische Erkrankungen; all das können Auslöser für viele unterschiedliche Themen in einer Familie sein, die im späteren Leben emotionale Wunden hinterlassen.

„Wenn Eltern nicht glücklich sind und sich ihrer Probleme nicht bewusst sind oder sich ihren eigenen Themen gegenüber verschließen, hat das Auswirkungen auf die Kinder.“

 

Menschen, die eine recht normale Kindheit durchleben durften, können emotionale Altlasten dieser Art oft nicht so richtig nachvollziehen. Vielleicht hast du damit auch schon Erfahrung gemacht, wenn du mit Freunden oder dem Partner über dieses Thema gesprochen hast. Sätze wie „Das ist doch schon so lange her.“, „Du musst das mal ruhen lassen.“ oder „Du musst da mal drüber weg kommen.“ sind nicht selten.

Ja klar – das Thema sollte mal ruhen und man sollte auch darüber weg kommen. Wenn das nur so einfach wäre. In alten Emotionen gefangen zu sein, lässt sich leider nicht so einfach abschütteln, besonders wenn es um die eigenen Eltern geht, mit denen wir von Geburt an verbunden sind.

Es ist ein ganz natürliches Bedürfnis, sich als Kind sicher, geborgen und zufrieden zu fühlen. Werden diese Bedürfnisse nicht gestillt, beginnt ein Kind sich anzupassen und lernt auch das Aushalten ungünstiger Strukturen. Das wiederum kann im weiteren Leben seine Spuren hinterlassen und sich in Form von negativen Emotionen wie Wut, Angst, Traurigkeit und Enttäuschung zeigen.

„Das Leben ist zu kurz, um emotionalen Verletzungen zu viel Raum zu geben!“

Um dich von ungünstigen Emotionen zu lösen macht es Sinn, ein Verständnis für das Geschehene zu entwickeln und so in eine eigene Kraft zu kommen, um ein glückliches und zufriedenes Leben zu leben und dich nicht mehr von der Vergangenheit bestimmen zu lassen.

Im folgenden Abschnitt erfährst du, wie du ein solches Verständnis entwickeln kannst.

Verständnis für die Vergangenheit entwickeln

Belastende Erinnerungen aus der familiären Vergangenheit sind nicht ungewöhnlich. Emotionen wie Wut, Enttäuschung oder Schuldgefühle gegenüber den Eltern haben sich über die Jahre manifestiert und werde teils unbewusst aufrechterhalten. Diese Gefühle haben ihre Berechtigung, sie dürfen da sein. Wenn sie dich allerdings zu sehr in deinem Leben belasten, wenn du zu sehr darunter leidest und oft wütend oder traurig bist, macht es Sinn, nach einer passenden Lösung für dich zu suchen.

Um mit der Vergangenheit und deinen Eltern ins Reine zu kommen, ist es hilfreich, wenn du ein Verständnis entwickeln kannst. Wenn du für dich Antworten finden kannst, die dir dabei helfen, eine neue Sicht auf die Vergangenheit zu erhalten.

Wie kannst du ein Verständnis für die Vergangenheit entwickeln?

In den folgenden 3 Punkten beschreibe ich dir eine Vorgehensweise, die dir dabei helfen kann ein Verständnis zu entwickeln:

  1. Eine neue Sichtweise erlangen
  2. Lebe im HIER und JETZT
  3. Schreibe einen Brief (nur für dich)

1. Eine neue Sichtweise erlangen

Um eine neue Sichtweise zu erlangen, versetzte dich in die Situation deiner Mutter/deines Vaters. Warum sind deine Eltern so wie sie sind? Weshalb sind sie deiner Meinung nach so geworden?, Weshalb haben sie sich so oder so verhalten? Was haben sie selbst für eine Kindheit durchlebt? Was für Themen hatten oder haben deine Eltern mit ihren Eltern? Gab es bestimmte Probleme, die zu ihrem Verhalten geführt haben (unglückliche Ehe/Beziehung, Überforderungen, Schicksalsschläge, Erkrankung…)?

Spür mal in diese Fragen hinein. Überlege dir noch weitere Fragen, die dir helfen deine Eltern zu verstehen. Finde Antworten, die deine Sicht auf die Vergangenheit ändern können. Erlaube dir ein Verständnis und Mitgefühl zu entwickeln, um dich von negativen Emotionen zu lösen.

Es geht bei dieser Arbeit nicht darum Schuldzuweisungen oder Bestätigungen für das Geschehene zu finden. Es geht darum für dich eine Lösung, einen adäquaten Umgang mit deinen Emotionen und deinen Eltern zu finden. Löse dich von Schuldzuweisungen, denn du kannst die Vergangenheit nicht mehr ändern und du kannst auch deine Eltern nicht ändern. Es geht darum, dass du für dich eine passende und zufriedenstellende Lösung findest.

Lass dir die Zeit, die du für dich brauchst. Es ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen erledigt ist.

„Man kann das Leben nur rückwärts verstehen, aber leben muss man es vorwärts.

Søren Kierkegaard (1813 – 1855)

 

Keiner von uns kann sich seine Familie in die er hineingeboren wird aussuchen. Wir kommen ungefragt und hilflos in diese Welt und müssen uns anfangs auf unsere Eltern verlassen wie sich auch unsere Eltern auf ihre verlassen mussten. Unsere Eltern sind unsere ersten Lehrer.

Weitere Fragen zu gegebener Zeit:

Wieviel Nähe und Distanz brauchst du zu deinen Eltern? Macht es Sinn den Kontakt zu verbessern oder machte es eher Sinn auf Abstand zu gehen? Was tut dir gut? Was brauchst du für dich?

Dies sind weitere Fragen, mit denen du dich zu gegebener Zeit auseinandersetzen kannst.

2. Lebe im HIER und JETZT

Befreie dich von deiner Vergangenheit indem du den Fokus auf das Hier und Jetzt richtest und dir auch Gedanken machst, wie du dir deine Zukunft wünschst, denn wenn du zu sehr zurück in die Vergangenheit blickst, dann bist du nicht in deiner Gegenwart.

Wenn es dir gelingt für die Vergangenheit ein gewisses Maß an Verständnis und Mitgefühl zu erlangen, dann können zukünftig die alten negativen Emotionen ihre Kraft verlieren.

Achte auf Dich

Gerade ein Mensch, der mit emotionalen Themen aus der Vergangenheit zu sehr behaftet ist, neigt eher dazu, seine Energie an alte negative Emotionen zu vergeuden, anstatt das Leben zu genießen.

Achte auf dich indem du z. B. schaust was dir gut tut. Umgebe dich mit Menschen, die dir gut tun. Sorge für eine seelische und körperliche Balance in deinem Leben, damit du genügend Kraft hast für die Herausforderungen und Anforderungen im HIER und JETZT.

Schau auf die guten Dinge aus deiner Vergangenheit, und auch auf die guten Seiten deiner Eltern.
Es war nicht immer alles schlecht, aber wir neigen dazu immer zuerst das Schlechte zu sehen und dabei geht oft das Gute verloren.

Hole dir gegebenenfalls professionelle Unterstützung, besonders wenn dich depressive Gefühle über einen längeren Zeitraum begleiten sollten.

3. Schreibe einen Brief an deine Mutter/deinen Vater (nur für dich)

Wenn du bereit bist und ein Verständnis für das Verhalten deiner Mutter/deines Vaters entwickeln konntest, macht es Sinn, dies auch schriftlich zum Ausdruck zu bringen. Das hat den Vorteil, dass du dir das Geschriebene immer wieder durchlesen kannst und überprüfen kannst, ob es stimmig für dich ist.

Dazu eignet sich die Briefform, in dieser du den Elternteil, um den es dir geht, persönlich ansprichst. Sieh es als eine Art Versöhnungsschreiben, wähle dabei freundliche und respektvolle Worte.

Hier ein fiktives Beispiel wie du einen Brief beginnen kannst:

Eine 39-jährige Tochter schreibt über ihre Mutter

Hallo Mutti,

ich weiß, dass du kein leichtes Leben hattest und du aufgrund deiner Lebenserfahrungen bereits früh Verantwortung übernehmen musstest, da dein Vater so früh verstorben ist. Deine Mutter musste nach dem Tod sehr viel arbeiten, um dich und deine zwei jüngeren Geschwister gut versorgen zu können. Sicherlich musstest du da mit deinen 11 Jahren schon viel zu früh Verantwortung für deine Geschwister übernehmen und warst damit überfordert.

Ich gehe davon aus, dass….

So ähnlich könntest du deinen Brief beginnen und deine Gedanken und Gefühle darin zum Ausdruck bringen.

Beobachte dich in den darauffolgenden Tagen. Wie geht es Dir mit deiner Erkenntnis? Hat sich durch deine Erkenntnis etwas verändert?

Lass Dir Zeit

Erwarte nicht zu schnell eine Veränderung, denn alles braucht seine Zeit und neue Sichtweisen müssen sich erst mal in deinem Inneren sortieren und verankern. Es kann sein, dass du anfangs noch in deine alten Gefühlsmuster verfällst und es Zeit braucht, bis alte Wunden beginnen zu heilen.

Tipp: Lies dir deinen Brief immer mal wieder durch und achte dabei auf deine Gefühle und Gedanken.

Wenn dir diese Arbeit alleine schwer fällt, kann ein Gespräch bei einem Berater, Coach oder Therapeuten sehr hilfreich sein. Hier können weitere Aspekte gefunden werden, die dir dabei helfen einen Frieden mit deinem Elternthema zu finden.

Bei Fragen zu diesem Beitrag wende dich gerne an mich.

Ich wünsche Dir alles Gute!

Nicole Wagner
Expertin für seelisches Wohlbefinden
Systemische Beratung für emotionale Lebens- und Familienthemen

Bildnachweis beider Bilder für diesen Blogbeitrag:
Von fizkes/Shutterstock.com

Nicole Wagner – Expertin für seelisches Wohlbefinden & emotionale Lebensthemen

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Sandra

    Ein sehr schöner und wichtiger Artikel. Einen Brief lasse ich meine Coachees auch gern schreiben. Es wirkt befreiend und klärend. Danke für diesen Beitrag.

    1. Nicole Wagner

      Vielen Dank Sandra! Ja, schreiben ist eine sehr hilfreiche und klärende Unterstützung in vielen Prozessen.

  2. Liebe Nicole,

    gemäss dem Motto „es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit“. Ein wertvoller Beitrag. Danke dafür. Ich hab damals in meiner Coachingausbildung auch einiges zu diesem Thema gelernt und es war mir sehr dienlich. Herzliche Grüße!

  3. Heike

    Ein guter Artikel! Und eine schöne Idee, einen Brief zu schreiben und ihn gar nicht abzuschicken – danke dir!

  4. Claudia

    Danke für deinen Blogbeitrag zu einem so wichtigen Thema. Es gibt so oft Eltern Kind Beziehungen mit großem Schmerz bis ins Erwachsenenleben. Über dieses Thema wird immer noch zu wenig gesprochen.

    1. Nicole Wagner

      Danke Dir, liebe Claudia. Ein großer Schmerz bis ins Erwachsenenleben, das beschreibt es sehr gut.

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